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…oder auch nicht? Ich habe lange nicht mehr etwas gehört und gesehen was so viel mit 3D Audio zu tun hat und trotzdem so weit davon entfernt ist. Deswegen wollte ich 8D Audio, 8D Music Technology, oder wie auch immer das im Internet genannt wird, vorstellen.
Was ist los mit 8D, 9D, 12D, 1000D?! Aber um etwas Besonderes zu sein, haben die Leute die Zahl des Geschehens geändert. Es gibt also eine Menge 5D, 12D, 16D… was auch immer für Videos, die im Grunde 8D sind. Ich würde sie also alle in die Schublade stecken, „wenn sich der Ton die ganze Zeit um deinen Kopf kreist“, würde ich das nicht in Betracht ziehen. Es spielt keine Rolle, wie viele Ds es gibt. Es sind immer noch nur zwei Audiokanäle mit etwas Raumklang.
Ehrlich gesagt, bin ich froh, dass es nicht 3D heißt, denn dann wäre jeder verwirrt. Aber was ist denn nun 3D-Audio? Ich würde sagen, dass 8D-Audio so etwas wie ein Spezialfall von 3D-Audio ist, bei dem sich die Musik um deinen Kopf kreist. Das ist alles, was 5D, 8D, 12D Audio ist.
Jetzt gibt es mehrere TikTok-Videos mit 4D-Audio – das ist auch nicht wirklich eine Sache. Es ist eher ein Marketingbegriff. Die Leute fügen mehr „D „s hinzu, um wichtiger zu klingen. Vielleicht weißt du, dass es 3D-Kinos gibt, und dann hat jemand gesagt:
Nennen wir es 4D-Kino, wo es Winde gibt, oder 5D-Kino, wo es regnet und die Sitze sich bewegen.
Das ist die zusätzliche Dimension, aber vom Standpunkt der Audiotechnik aus betrachtet, macht das im Zusammenhang mit binauralem Audio keinen Sinn. Das Maximum ist 3D-Audio in Bezug auf das Hören von Klang. Außnahme wäre das was Mercedes-Benz gemacht hat: Eine Vibrierfunktion zu den Autositzen hinzufügen, was es einem ermöglicht die Live-Musik noch mehr zu erleben. Bei diesen positiven Effekten bin ich damit einverstanden, dass man das als zusätzliche Dimension bezeichnet – 4D-Audio.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ignorieren Sie alles, was über 3D hinausgeht, weil es aus technischer Sicht keinen Sinn macht. Was kommt als Nächstes? Nennen wir es Überschall-Erlebnis?
Die spannende Frage zu zuerst: Wie erzeugt man diesen mehrdimensionale Audio Hype eigentlich? In diesem Tutorial zeige ich, wie es geht:
Doch eins nach dem anderen. Um kurz in Worte zu fassen, was das Ganze eigentlich ist: Jemand kam auf die Idee, handelsübliche Musik zu nehmen und mit einem Spatializer Effekt „um den Kopf kreisen zu lassen“. Anschließend wird das mit einer Musik Visualisierung auch ansprechend auf YouTube hochgeladen. Wie genau die 8D Musik entsteht, werde ich in einem Erklärvideo später zeigen.
Der Witz ist, dieser räumliche Effekt funktioniert nur über Kopfhörer. Damit kann das 8D Audio aus tontechnischer Sicht als binaurales Stereo bezeichnet werden kann. Man kann es in Sachen „Profesisonalität“ wohl in die gleiche Schublade einordnen wie etwa „Bass Boosted Version“. Es wird von Laienhand einfach Musik genommen und zusätzlich mit Effekten versehen. Ich glaube das richtige Wort ist „Verschlimmbessert“.
8D steht angeblich für acht Dimensionen oder Richtungen. Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung, warum acht und von welchen Dimensionen die Rede sein soll: links, rechts, vorne, hinten, oben, unten… Äh, was noch?!
Diese selbsternannte Technologie ist also kein eigenes Audio Format. Es handelt sich im Endprodukt also um ein ganz normales Stereo File. Deswegen kann es aus technischer Sicht auch auf YouTube so einfach verbreitet werden. Dieses Phänomen lässt sich nämlich mit sämtlichen 3D Audio Formaten erzeugen. Also egal, ob Dolby Atmos, Ambisonics, Auro 3D, Wellenfeldsynthese etc.
Man kann es sich so vorstellen, als würde ein Audioobjekt als Schallquelle durch einen virtuellen Raum bewegt. Genau genommen ist das Ergebnis bei den 8D Tunes sogar nur zweidimensional. Denn es wird keine Höheninformation genutzt. Der Ton ist nur von links, rechts, vorne und hinten zu orten. Aber nicht etwa von oben oder unten. Damit würde man 8D Audio im klassischen Sinne eher als 360° Sound bezeichnen, wie es etwa bei 5.1 oder Dolby Surround üblich ist.
Was mich daran so fasziniert, sind die Reaktionen der Nutzer, denn solche Videos haben Millionen von Klicks, wie etwa 8D Tunes
Schaut man in die Kommentare von z.B. vom Billie Eilish oder Imagine Dragons Video, merkt man richtig die Begeisterung:
Eines der beiden Beispiele stammt von einem indischen Künstler und ich verrate nun warum. Schaut man sich die Suchanfragen an, scheinen die 8D Songs hier wohl ihren Ursprung zu haben.
Sprich, was mit Bollywood angefangen hat, hat nun auch Pop-Musik erreicht.
Da Sound ja immer schwer zu greifen ist, versuche ich es mit einer visuellen Analogie zu veranschaulichen.
Visuell | Auditiv |
---|---|
Man stelle sich vor, man geht in ein Museum um ein Gemälde zu betrachten. Die Zuschauer erfreuen sich an diesem Meisterwerk. | Genau, wie sich Menschen eben an Musik erfreuen, die etwa im Radio bei Streamingdiesten oder in sozialen Netzwerken läuft. |
Jetzt kommt aber ein Besucher auf die Idee, ein Foto von dem Gemälde zu machen. Damit hat er ein verpixeltes Abbild der Realität. | Ein Internetuser lädt von YouTube die mp3 runter, womit die Qualität deutlich leidet. |
Dann fügt er etliche Instagram-Filter hinzu, womit sich das Kunstwerk komplett verändert. Er ist kein Designer und hat wenig Ahnung von Farbenlehre und Gestaltung. | Dann werden Filtereffekte wie Hall und Panning-Parameter gesetzt. Er besitzt weder ein Tonstudio noch ein geschultes Gehör. Tada, 8D Audio ist fertig. |
Der Künstler des Gemäldes sieht nun auf Social Media sein Werk, das verschandelt wurde. Er hat sich viele Gedanken über die Farbe und Intention Gedanken gemacht. | Ein/e Musiker/in entdeckt sein geklautes Werk auf YouTube, das nun ganz anders klingt. Die Dynamik, Frequenzgang und Tiefenstaffelungen, welche mit viel liebe zum Detail erarbeitet wurde ist nun hinfällig. |
Also, wollen wir Picasso verschandeln? Ich denke nicht.
Auf Instagram, darf man mir natürlich trotzdem folgen 😀
Zurück zum Thema: Man sich nicht vor dem Erfolg der acht Dimensionen. Also schauen wir mal, was eigentlich dahinter steckt:
Ich habe schon einige Artikel zum Thema 8D Audio gelesen, aber bin über viele, schwammige Formulierungen gestolpert. Es gibt Leute, die bezeichnen es als das neue ASMR (Autonomous Sensory Meridian Response). Das mag vom Hypefaktor schon sein, hat aber sonst nicht viel damit zu tun. Wie dem auch sei, für mich sind vier Punkte für den Hype ausschlaggebend:
Zugegeben, so hat man Musik wohl noch nicht gehört. Für einen Tonmenschen klingt die Rotation so, als hätte jemand zum Spaß den Panning-Regler wie ein Verrückter im Kreis gedreht. Aber gut, der Effekt ist plakativ und funktioniert wohl gerade deswegen so gut. Der Hörer merkt schnell, dass hier eine Bewegung ist, die er so noch nie gehört hat. Binauraler Ton kann zwar gut links und rechts unterscheiden, schwieriger wird aber vorne und Hinten. Durch das ständige Gekreisel ist die Ortung für unser Gehirn einfacher. Die Herausforderung der Lokalisation wurde also gar nicht mal so schlecht gelöst.
Ein weitere Punkt, der aus den Kommentaren zu entnehmen ist, wird in der Tontechnik als Externalisierung bezeichnet. Das bedeutet, das man Schall – selbst über Kopfhörer – so wahrnimmt, als würden sie von außerhalb der Kopfhörer kommen. Hört man normalerweise Musik, wird die Musik von unserem Gehirn nämlich zwischen den Ohren lokalisiert. Bei 8D Sound wird aber zusätzlich ein Reverb hinzugefügt. Dadurch fühlen wir uns so, als würden wir in einem anderen Raum sitzen. Meist ist es der Klang eines Wohnzimmers oder Konzertsaals. Aber Moment, Halleffekte werden bei sämtlichen Musikproduktionen zur Tiefenstaffelung bereits genutzt. Das allein reicht also noch nicht aus, um den Ton wirklich „von außen“ wahrnehmen zu können.
OK, jetzt wird es nerdig, aber hier liegt auch das Geheimniss. Unser Gehirn hat unser ganzes Leben gelernt, wie wir unsere Umwelt durch dreidimensionales Hören Wahrnehmen könne. Im Detail funktioniert das über Intensitätsunterschiede (IID), Laufzeitdifferenzen (ITD) und Filterkurven (die eigentlich HRTF).
Ein Beispiel: Wir hören ein Auto, das sich von links nähert. Dabei wird das Auto vom linken Ohr lauter wahrgenommen als dem Rechten. Das liegt vorallem daran, dass das rechte Ohr durch den Kopf abgeschattet wird. Als wäre eine Mauer dazwischen, die die Lautstärke reduziert.
Außerdem erreicht der Ton vom Auto, das linke Ohr schneller. Schall bewegt sich zwar schnell, aber selbst für unseren durchschnittlichen Ohrenabstand von 17,5cm, braucht dieser maximal 0,63ms. Das kann unser Gehirn wahrnehmen.
Zum Schluss hatt das Auto auf dem linken Ohr auch eine andere Frequenzkurve, das liegt an unserer Ohrmuschel. Dank ihr klingen Töne, die von Vorne kommen anders als von hinten.
Genau diese Parameter werden auf 8D Audio Inhalte draufgerechnet. Es passiert also ein Rendering, das berechnet, wie der Ton für zwei Menschliche Ohren klingen muss, damit dieser dreidimensional Lokalisiert wird.
Puh, das war vorerst genug Tontechnik, jetzt möchte ich noch kurz ergründen, wieso dieser Hype so viel Anklang findet. Es gibt ein gutes Meme dazu: „Same, but different, but still same“. Wenn man also einen Song hat, der einem gut gefällt, wird einem die 8D Version auch gefallen. Es ist der gleiche Song, den man mag, aber anders verpackt. Deswegen sind auch Coversongs so beliebt: man hat eine Gute Mischung aus etwas Vertrautem, mit einem Hauch von Neuem.
Was soll man davon jetzt eigentlich halten? Gute Frage, da 8D Audio tatsächlich ziemlich polarisiert, v.a. unter Tonmeistern. Nun möchte ich die Pros und Contras für Toningeneure und die eigentlichen Nutzer hervorherben.
Seine eigene Meinung muss sich wie immer wohl jeder selbst bilden. Doch ich denke, dass 8D audio im Großen und Ganzen eine positive Wirkung haben wird. Auch auf lange Sicht bleibt es ein sehr faszinierendes Thema im Bereich des immersiven Audios. Also lassen wir es und doch mal im Auge bzw. im Ohr behalten. Na gut, im Ohr vielleicht doch eher nicht… Einfach im Hinterkopf haben und wir werden sehen, ob das nur ein Hype war.
Um es auf den Punkt zu bringen: Möchtest Du wissen, was die Nutzer denken, was wir mit Spatial Audio machen können? Schau dir diesen Werbespot an, den ich für Audi aufgenommen und koordiniert habe:
Gerade geistert eine Version von Pentatonix durch Whatsapp. Es wird als 8D Technology bezeichent und behauptet es sei das erste Mal, dass man Musik mit seinem Gehirn hört – nicht mit den Ohren. Außerdem soll man die Musik nicht durch die Kopfhörer hören, sondern „von außen“. Wer den Artikel oben gelesen hat, weiß ja jetzt, woran das liegt 🙂
Bei Fragen und Anregungen kann man mich immer gerne kontaktieren, ich stehe gerne als Experte für 3D Audio zur Seite!
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