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In den letzten Jahren hat sich die Bedeutung immersiver Medien in verschiedenen Branchen rapide erhöht. Immer noch sprechen die meisten TonmeisterInnen über „immersive Audio“, meinen aber nur „3D Musikproduktion“.
Immersive Musik ist legitim, wenn gut gemacht, aber aus meiner Wahrnehmung nur ein kleines Puzzlestück der immersiven Medien – und eins mit vergleichsweise wenig Potenzial. Also schauen wir uns an, wo wesentlich mehr Möglichkeiten bestehen.
Bevor ich verrate, was ich damit meine, schauen wir uns das Berufsbild der GestalterInnen immersiver Medien an. Dort erfahren wir, wie vielfältig und lebensverändernd diese Branche sein kann.
Für die, die den Beitrag im VDT-Magazin von mir letztes Jahr nicht gesehen haben, noch einmal die Kurzfassung:
Gestalterinnen immersiver Medien (GiM) sind für die audiovisuelle Gestaltung von XR-Inhalten verantwortlich, was neben vielen visuellen auch auditive Aspekte umfasst.
Dieses Berufsfeld hat an Bedeutung gewonnen, da immersive Medienanwendungen in Bereichen wie Augmented Reality und Virtual Reality stark zunehmen – oder Spatial Computing, wie Apple es nennt.
Als Sachverständiger war ich die letzten Jahre eng involviert, um die Inhalte zu definieren. Die Bedeutung von Audio im Bereich des Gestalters immersiver Medien, im Vergleich zum Mediengestalter Bild und Ton, beträgt etwa 10-20%, statt etwa 40-50%.
Dabei betrachte ich die GiM nicht als vollständige Audioproduzenten, da die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten aufgrund ihrer Komplexität nicht vollständig innerhalb eines begrenzten Zeitrahmens vermittelt werden können. Viel wichtiger war es, die Bedeutung des guten Tons zu vermitteln.
Daher war es mir wichtig, die Wertschätzung für die Audioqualität in der Medienproduktion zu steigern, anstatt Tonschaffende durch eine immersive Wollmilchsau zu ersetzen.
Die Ausbildung in diesem Bereich integriert verschiedene Fähigkeiten wie Beratung, Konzeption, Gestaltung und Programmierung mit einem Schwerpunkt auf der audiovisuellen Gestaltung von XR-Inhalten.
In dieser Branche ist es entscheidend, dass sowohl Toningenieure als auch Nicht-Tonexperten verstehen, warum Audio so essentiell für Medienproduktion ist. 3D-Audio spielt eine Schlüsselrolle in der Nutzererfahrung (UX) und im Storytelling von XR-Inhalten.
Auf der Seite des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) gibt es mittlerweile genug Dokumente, wie den Rahmenlehrplan über die Inhalte.
Wir wollen aber ein besonderes Augenmerk auf die Audioproduktion legen.
Die Ausbildung dauert 36 Monate und das erste Jahr ist dem Mediengestalter Bild und Ton recht ähnlich. Damit werden Grundlagen geschaffen. Es gibt 11 Lernfelder, die in allen Fällen folgendem Schema folgen.
Hier am Beispiel unseres Lieblings „Lernfeld 7 – Klangwelten realisieren“.
In dieser Vorlesung lernen die Schülerinnen und Schüler, Tonproduktionen für digitale Realitäten in Übereinstimmung mit Kundenanforderungen zu planen, durchzuführen und zu bewerten. Sie analysieren die Aufträge und treffen Entscheidungen hinsichtlich der technischen und inhaltlichen Umsetzung, wobei sie auch rechtliche Eigenschaften berücksichtigen. Zusätzlich wählen sie das Equipment und die erforderliche Software aus, auch im Bereich 3D Produktion, und arbeiten in Kommunikation mit anderen Beteiligten, einschließlich deutsch und in einer Fremdsprache. Die Schülerinnen und Schüler sind verantwortlich für den gesamten Produktionsprozess, einschließlich der Handhabung von Aufnahme, Postproduktion und Qualitätskontrolle. Sie präsentieren die Ergebnisse den Kunden, akzeptieren Feedback und führen notwendige Anpassungen der Wiedergabe durch, bevor sie die endgültigen Tonprodukte gemäß den technischen Anforderungen für die gewünschten Verwendungszwecke exportieren. Darüber hinaus reflektieren sie ihren Arbeitsprozess, um ihre Teamarbeit zu verbessern, und archivieren alle relevanten Projektdaten unter Berücksichtigung wirtschaftlicher und organisatorischer Faktoren.
Keine Frage, klingt alles erst sehr theoretisch, können in der Praxis recht schöne Anwendungen sein. Etwa die Audioproduktion eines Hörspiels. Oder man vertont einen fertigen 3D-Raum, wie einen virtuellen Zoo. Natürlich ist es nicht damit getan, sich einmal sich Gedanken über den Ton zu machen.
Daher erfährt man in den anderen Lernfeldern immer wieder Grundlagen über die Tonwiedergabe. Etwa, wie Sound für das Storytelling genutzt werden kann oder welches Format für welches immersive Medium am besten geeignet ist.
Ich habe über 10 Semester Medientechnik und -produktion im Bachelor und Master studiert, inklusive Praxissemester. Während meines Studiums habe ich eine Vielzahl von Vorlesungen besucht über Physik, Akustik, digitale Signalverarbeitung, Audioanwendungen, Psychoakustik etc.
Gleichzeitig wurden jedoch auch Prüfungen zu visuellen 3D-Inhalten und Informatik abgelegt.
Diese breit gefächerte Ausbildung hat es mir erleichtert, sich dann auf den Bereich immersive 3D Audio zu spezialisieren.
Im Gegensatz dazu haben herkömmliche Tonmeister, etwa vom SAE Institute, oft Schwierigkeiten, die ersten Schritte in diesem Bereich zu gehen, da reines Fachwissen im Audiobereich nicht ausreicht.
Bei Projekten im Bereich der immersiven Medien sind Kenntnisse über Game-Engines und Programmierung in der Regel unverzichtbar.
Was mich daher auszeichnet, ist ein sehr diverses Portfolio. Ich habe mit quasi jeder immersiven Technologie gearbeitet und dabei etliche Branchen beraten und mit der richtigen Audioproduktion versorgt. Nun wurde ich beauftragt, die Fortbildung der Berufsschullehrer deutschlandweit zu übernehmen.
Aktuell gibt es kaum verfügbares Lehrmaterial, lediglich vereinzelte Tutorials sind verfügbar. Vereinzelt auch sehr spezielle Literatur, die aber weit weg von den Lernfeldern ist.
Halb so wild, das nötige Wissen schwirrt eh schon in meinem Kopf oder Blog rum. Daher habe ich mal die ganzen Grundlagen sortiert und dort erweitert, wo man mit Stereoton nicht weiterkam.
Ergebnis ist ein 3D-Audio-Videokurs, der als Lehrveranstaltung bereits mit über 20 Lehrern am Bildschirm getestet wurde und sehr gut ankam.
Ich darf behaupten, daraus sind recht einzigartige Lernkonzepte entstanden, die dem Anspruch gerecht werden, auf alle immersive Medien angewendet werden zu können.
Mir ist kein besserer Name eingefallen, daher heißt es jetzt einfach so. Ich war auf der Suche nach einer Möglichkeit, die ganze Welt der immersiven Medien von Musik, Filmen, Podcasts, 360 Videos, Headtracking, Games, AR/VR/XR/Metaverse/Spatial Computing in eine Übersicht zu packen.
Die Gliederung berücksichtigt als wohl einziges Konzept auch die Anzahl der Freiheitsgrade für jedes Medium. Sämtliche Übersichten, die mit „was du über 3D Audio wissen musst“ werben, berücksichtigen lediglich: Mono, Stereo, Surround, Objekt-basiertes 3D Audio und bestenfalls noch Ambisonics.
Für mich gehen die Dimensionen aber weiter und werden dann erst richtig spannend. Etwa wenn die ZuhörerInnen eben nicht nur stumpf nach vorne schauen.
Dabei berücksichtige ich auch die Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten bei der Verwendung mit Kopfhörern und Lautsprechern. Die meisten TonmeisterIinnen mischen auf ihrer tollen Lautsprecher-Technik und erwarten, dass der magische Schalter „binauralisieren“ dann die ganze Arbeit macht.
Nach über einem halben Jahrzehnt Vollzeit-Erfahrungen mit binauralem Audio kann ich versprechen: So funktioniert das nicht, wenn man es halt richtig gut machen will. Außerdem ermöglichen Kopfhörer viele Mix Elemente, die mit Lautsprecher gar nicht umsetzbar sind.
Während meiner Fortbildungen gewähre ich den Teilnehmern einen Einblick in verschiedene Branchen und Use-Cases, darunter Marketing, Automotive und Medizin. Hierbei stelle ich Hörbeispiele vor, um die Lerninhalte greifbar zu machen und den praktischen Nutzen von immersivem Audio zu verdeutlichen.
Auf vielen Mixen steht jetzt „spatial audio“, aber wie erkenne ich, ob es überhaupt gut oder besser als 2D Stereo ist?
Eine entscheidende Lektion, die ich vermittle, ist, dass ein grundlegendes Verständnis der Konzepte und Prinzipien wichtiger ist als die bloße Beherrschung von Werkzeugen.
Mein Ansatz besteht darin, Denkmuster vorzustellen, die das Thema „immersives Audio“ auf völlig neue Art strukturieren und somit das Fundament setzen, selber Produzent zu werden.
Ich halte recht wenig davon, nur irgendwelche Tools vorzustellen, weil diese schnell altern und es sowieso kein Plugin gibt, das allen Ansprüchen gerecht wird.
Natürlich sieht man mal Reaper, ProTools, Echtzeit-Engines wie Unity und Co. Stattdessen ist mein Ansatz dynamisch und es werden immer wieder neue Videos ergänzt – je nach Nachfrage. Natürlich gibt es auch praktische Abgaben, basierend auf dem einen oder anderen Projekt unter realen Bedingungen.
Dazu gibt es Einzel- bzw. Gruppen-Coachings, in denen ich den NutzerInnen Fragen beantworte oder Feedback gebe.
Aktuell wird der Kurs also für verschiedene Bildungsinstitutionen zugänglich gemacht. Die Vision ist es, ein System zu bauen, das auf höchstem Niveau Bildung unabhängig vom Ort ermöglicht und sich selbst am Leben erhalten kann. Im nächsten Schritt wird der Kurs modular ergänzt.
Daher habe ich mir für den ersten Schwerpunkt 3D Musikproduktion die führenden Audio Engineers bekannter Musiker ins Boot geholt.
Geplant sind weitere Fokussierungen wie zum Beispiel immersive Dolby Atmos Filme, Podcasts, Live-Sound, Fulldome, 360 Film, AR, VR etc. etc. Wer Lust und die nötige Expertise beizutragen hat, kann sich gerne melden!
Für mehr Informationen und Fragen einfach auf meine Website vrtonung.de gehen und bei Interesse am Kurs made in München für ein kostenloses Erstgespräch bewerben. Dabei klären wir, ob der Kurs dich aufs nächste Level bringt und welche Einstiegsmöglichkeiten du in der Branche hast (mit Tagessätzen, die weit über dem Durchschnitt liegen).
Danke an Vanessa Strobel, die die Umsetzung und Umfragen in Form ihrer Masterarbeit didaktisch mit Quizzen aufbereitet und umgesetzt hat. Das ist erst die Grundlage, aber mit dieser Umgebung werden wir die Zukunft von immersive Audio gestalten.
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