Immersive Storytelling
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Warum immersive Storytelling erst mit 3D Sounddesign gut funktioniert

Inhalt

    Was ist eigentlich immersive Storytelling?

    “Storytelling” ist einer jener Begriffe, die man – besonders in der Medienproduktion – immer wieder als Hype hört. Die meisten können sich vermutlich grob etwas unter diesem Begriff vorstellen: die klassische Heldenreise, Protagonisten/Antagonisten, Spannungsbogen, immersives Theater…

    Doch: was heißt Storytelling eigentlich für die Content Creators und Marken? Und was nutzt mir Storytelling in der Praxis? Und noch viel wichtiger: welche Rolle spielt der Ton dabei über Virtual Reality, Augmented Reality und 360 Grad Videos hinaus?

    Dieses Thema wurde in einer Kooperation mit Adam Audio bearbeitet, Teil 1 findet ihr hier.

    Sounddesign – narrative Klanggestaltung

    Fangen wir erst einmal mit den grundlegenden Begriffen an, die dem Storytelling im Kontext mit Ton zu Grunden. Hierzu passt eines der vermutlich ältesten Ton-Klischees: Das größte Kompliment, das ein Tonmensch bekommen kann, ist Ignoranz. Wenn sich niemand beschwert, war der Ton wohl gut.

    “Der gute Ton fällt nicht auf, wird aber auch nicht vermisst!“

    Natürlich ist das Quatsch – ein guter Ton sollte genauso gelobt werden, wie ein gutes Bild. Aber es zeigt das Problem im Marketing auf: der Ton wird eher unterbewusst wahrgenommen. Die Hörer sind sich selten bewusst, dass Sounds eine Vielzahl an Standard-Funktionen erfüllen.

    Ohne die Verwendung einer narrativen Soundkulisse wären bestimmte Ausdrücke oder Erzählformen einer Story in der Art nicht möglich.

    Was ist Sounddesign für das Geschichtenerzählen?

    Sounddesign (zu dt. Tongestaltung) ist die Erstellung der Tonebene, und somit ein wichtiger Bestandteil der künstlerischen Gestaltung eines Films (oder anderen Mediums). Ton ist ein Werkzeug, um Dramaturgie zu erzeugen (Emotionalität, Furcht, Anspannung, Realität etc.) und unterbewusst Informationen zu Ort und Zeit zu vermitteln.

    Hier geht es zu einem externen Artikel über Storytelling im Sounddesign, der ebenso lesenswert ist. Wir befassen uns nun mit verschiedenen Möglichkeiten, um Geschichten über die Tonebene zu erzählen und nutzen dabei verschiedene Technologien für die Marke vom Kunden.

    Wie kann Sound für Storytelling Immersion genutzt werden?

    Nachdem die Begriffe Storytelling und Sounddesign nun geklärt wurden, gehen wir direkt noch tiefer zum nächsten Buzzword: Immersion. Gerade beim Storytelling Immersion müssen sich die verschiedenen Sinne unterstützen und den passenden Rahmen der Welten schreiben.

    Beim Film oder auch bei VR (virtuelle Realität) steht vermeintlich erst einmal das Auge für das erleben im Vordergrund. Doch Ton hat beim klassischen Bewegtbild meist die Funktion, das Gesehene zu beim Nutzer untermalen. Auf hierbei aktiv gewählte Klischees und Stilbrüche gehen wir später noch genauer ein.

    Doch bei VR geht es noch einen Schritt weiter.

    Die Ohren zeigen den Augen, wohin sie schauen sollen.

    Denn anders als im Kino und TV ist das Bild nicht nur vorne. Die Welt ist kugelförmig, quasi 360 Grad Inhalte um uns herum. Auch wenn Surround Sound mit Dolby etwa auch Ton von hinten oder oben abbilden kann: Es ist nicht gewünscht dass die Zuhörer durch Sounds irritiert werden, die nicht von vorne kommen.

    Beim Medium VR kann man sich aber genau das zu Nutze für das Erlebnis machen. Storytelling Immersion schreit also geradezu nach gut gestaltetem 3D Ton – passenden Studio produziert.

    Doch eins nach dem anderen. Bevor wir wir mit dem Raumklang noch eine neue Dimension aufmachen, bleiben wir erstmal gedanklich bei klassischen Stereo-Räumen.

    Erzeugen von Stimmungen

    Eine der wichtigsten Eigenschaften der Komponente “Sound” ist das Erzeugen von Stimmungen und Emotionen. Sei es mit klassischer Filmmusik, reinem Sounddesign, oder einer Kombination von beidem. Somit kann deutlich gemacht werden, was gerade passiert. Eine spannungsgeladene, aufregende Szene wird über Musik und Geräusche erst so richtig spannend.

    Ohne die passende Geräuschkulisse kann es sowohl in Spielen als auch Filmen schwierig sein, eine emotionale Bindung mit den Charakteren aufzubauen oder bedeutende Phasen im Geschehen zu erkennen.

    Darstellung von Umgebungen

    Musik und Geräusche können auch verwendet werden, um Ära und Umgebung der Erzählung für die Teilnehmer leichter identifizierbar zu machen. Geschichten, die in einer bestimmten Zeit oder einem speziellen Ort spielen, benötigen ein Sounddesign, welches dazu passt.

    Beispielsweise kann der Sound von alten Radio- und Plattenspieler-Aufnahmen aus den 1940er Jahren sehr effektiv sein, um für das Publikum eine Stimmung dieser Zeit zu erschaffen. Es geht also auch darum, mittels Sounddesign die Erwartungen des Publikums zu erfüllen. Ich sage ganz gerne:

    Es geht nicht darum die Realität abzubilden, sondern eine glaubwürdige Klangkulisse zu schaffen.

    Schaffung von Immersion mit der richtigen Technologie

    Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Schaffung von Immersion, ein weiteres absolutes “Buzzword”. Doch so oft man diesen Begriff auch hört, und so verallgemeinernd und unkonkret er auch ist, spielt Immersion besonders bei 3D-Audio eine große Rolle.

    Sowohl bei Videospielen, als auch bei VR-Experiences oder 3D-Audio generell ist eines der wichtigsten Ziele, Hörer ans Geschehen zu “fesseln” und somit immersiv einzubinden. Dafür spielen Sounds und Musik eine große Rolle beim Gefühl bei so einer Experience.

    Das sagt irgendwie jeder, der oder die über Storytelling Immersion redet. Doch auf diesem Blog habe ich den Anspruch weiter ins Detail zu gehen, und die Geheimnisse des Tons aufzudecken…

    Wie bereits vorausgehend erläutert, können Emotionen durch Musik und Soundeffekte stark beeinflusst und gesteuert werden. Brüche oder Lücken auf der Tonebene können die Immersion zerstören, und Hörer aus der Geschichte herausreißen.

    Musik und Geräusche können auch verwendet werden, um Verbindungen zwischen Szenen zu erstellen und von einer Handlungsebene in die andere überzuleiten.

    Bereitstellung von Hinweisen und Information

    Eine der wichtigsten Funktionen der Tonebene ist die der Informationsvermittlung. Ein Horrorfilm, der ohne Geräusche und Musik läuft, verliert deutlich an Spannung und Schrecken. Besonders in diesem Genre werden oft durch Sounds Dinge angekündigt (eine Tür, die im Hintergrund quietscht), Musik, die plötzlich spannungsgeladener wird, oder auch das plötzliche Fehlen jeglicher Geräusche.

    Diese Ebene der auditiven und musikalischen Informationen kann rein visuell nicht vermittelt werden, ist jedoch elementar wichtig fürs Storytelling Immersion. Es verschwimmen die Grenzen zwischen diegetischen Klängen wie den oben genannten (Tür, Atmosphären etc.), sowie nondiegetischen Soundeffekten wie Drones, PADs, Whooshes und Impacts.

    Dazu sollte ich wohl bei einem anderen Artikel mal in die Tiefe gehen…

    Besonders in der Musik-Literatur ist hier der Begriff “Leitmotiv” zu nennen. Leitmotive dienen dazu, spezifische musikalische Motive mit Charakteren zu assoziieren. Gerade durch die Verwendung von Leitmotiven können oft für das Verständnis der Handlung wichtige Hinweise gegeben werden.

    Ein schönes Video, das auf Storytelling mit bei der Audio-Produktion eingeht, seht ihr hier:

    Semantik Höherer Ordnung

    mit freundlicher Unterstützung von Marco Dahl

    Unter der Semantik höherer Ordnung versteht man Klangobjekte mit einer einfachen Bedeutung, welche durch einen weiteren Bezugsrahmen an Wichtigkeit gewinnen. Klingt etwas wissenschaftlich, ist es auch. Daher freut euch auf konkrete Beispiele, die man bestimmt aus dem Storytelling Immersion kennt.

    Signale

    Hierzu zählen zum Beispiel Signale, welche in der Gesellschaft einen festgelegten Kommunikationsgehalt haben und im Sounddesign als Klangobjekte beschrieben werden können.

    Ein Beispiel hierfür sind Glocken: Je nach Klang und kulturellem/sozialem Kontext können diese als angenehm oder auch als Warnsignale wahrgenommen werden. Tiefe Glocken werden also eher mit Kirchen und etwas Ernstem assoziiert. Hohe Glöckchen hingegen haben eher etwas “leichteres, magisches” an sich.

    Symbole

    Ein weiteres Klangobjekt höherer Semantik ist das Symbol. Im Gegensatz zu Signalen haben Symbole keinen festen Kommunikationsgehalt, sondern müssen interpretiert werden, um verstanden zu werden.

    Der Interpretationsraum für Symbole kann durch eine Divergenz zwischen Bild und Ton hergestellt werden. Ein Beispiel hierfür könnte eine Tür sein: man sieht eine Straße mit einer großen Tür. Davor ereignet sich eine Schlägerei, während dahinter Leute feiern. Diese visuelle Trennung trennt in diesem Falle auch die Erzählung, wobei sich “vor und hinter” der Tür auch klanglich unterscheiden.

    Stereotypen

    Stereotypen sind visuelle und akustische Merkmale, die sich durch vielzählige Wiederholungen in der Filmkultur gebildet haben. Durch die erlernten Merkmale entsteht so eine bestimmte Erwartungshaltung an die akustischen und optischen Reize.

    Da diese Reize durch die Erlernung nur nebensächlich wahrgenommen werden, wird von einer „Ökonomisierung der Wahrnehmung“ gesprochen. Dies schafft Raum für anderweitige Informationen und kann dem Zuschauer ein Gefühl von „Ordnung und Sicherheit“ geben.

    Narrative Funktionen

    Diegese

    Im Film bezeichnet die Diegese all das, was sich innerhalb der fiktionalen Realität abspielt. Beispielsweise zwei Personen, die innerhalb der erzählten Geschichte miteinander sprechen, oder die innerhalb der Geschichte von anderen gehört werden können. Oder wie die bereits genannten Beispiele von Türen und Schritten.

    Als nondiegetisch bezeichnet man auditive Quellen, die nicht Teil der fiktionalen Realität sind. Dazu gehören zum Beispiel Voice-over Stimmen oder Filmmusik. Sie sind nicht Teil der Szene. Im Film oder in VR wären diese Elemente nicht zu sehen.

    Bei diegetischem Ton kann zwischen aktivem und passivem Off-Ton unterschieden werden. Aktive Off-Töne haben dabei das Merkmal, dass sie die Anteilnahme des Zuschauers anregen und eindeutig lokalisierbaren Objekten zugeordnet sind.

    Passive Off-Töne hingegen sollen dem Zuschauer eine auditive Konstante geben und nicht die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sind also Klangobjekte ohne direkten Handlungsbezug.

    Dichotomisierung

    Dichotomisierung bedeutet eine Kontrastierung verschiedener Sachverhalte, welche den Unterschied dieser deutlich machen soll. Im Film “Raging Bull” beispielsweise wird der soziale Aufstieg des Protagonisten durch die Gegenüberstellung zweier gänzlich unterschiedlicher Klangumgebungen (zuerst laut, aggressiv, später dann gedämpft und leise) verdeutlicht.

    Im Film “A Quiet Place 2” wird ebenfalls mit starken klanglichen Kontrasten gearbeitet: Der Teil, in dem die Monster leben, die durch Klänge getriggert werden, wird als absolut still gezeigt. Dahingegen ist die Insel, auf der sich bisher noch keine Monster befinden, von Leben und lauten Klängen gefüllt.

    Desorientierung

    Bei der Desorientierung wird das Bild im Film so gezeigt, dass man nur teilweise Ausschnitte sieht oder das Bild durch Unschärfe undeutlich gemacht wird. Die Undefinierbarkeit des Raums kann durch die auditive Ebene mit einer “diffusen Atmosphäre“ unterstützt werden.

    Durch die fehlenden Informationen auf der visuellen Ebene wird die Aufmerksamkeit auf den Gehörsinn gelenkt, welcher in diesem Fall eine wichtige Rolle einnehmen kann. Die Desorientierung soll den Zuschauer auf verschiedenen Wegen der Tongestaltung in seiner Wahrnehmung beeinträchtigen.

    Dies kann auditiv zum Beispiel durch eine Reizüberflutung herbeigeführt werden, also eine dichte Ansammlung an Klängen rund um den Zuschauer. Diese soll die Wahrnehmung beeinträchtigen und eine Orientierung unmöglich machen.

    Verfremdung

    Verfremdung ist ein Effekt, bei dem die Erwartungshaltung des Zuschauers mit dem Einsatz von fremdartigen Sounds gebrochen wird. Bei stereotypen Umgebungen wie zum Beispiel einem Strand, hat man eine gewisse Erwartungshaltung was die Klangkulisse betrifft (Möwenschreie, Wellengeräusche, Wind), wenn diese Erwartung gebrochen wird, kann dem Zuschauer die Szenerie fremd und unbekannt erscheinen.

    Fazit

    Wie wir also sehen, ist Storytelling Immersion ein großes Feld, zu dem sicherlich auch ein Artikel in 10-facher Länge geschrieben werden könnte. Was aber auch bei einem Artikel dieser Länge zu erkennen ist, ist, dass Storytelling viele Möglichkeiten bietet, um Erzählungen durch bewussten Einsatz bestimmter Techniken noch mitreißender zu gestalten.

    All die genannten Punkte treffen natürlich auf Stereoton genauso zu wie auf 3D-Audio. Jedoch kann 3D-Audio besonders von Storytelling profitieren: Dadurch, dass sich bei 3D-Audio eine Ebene um den Zuschauer herum und auch über ihm eröffnet, kann diese Räumlichkeit perfekt genutzt werden, um Informationen und Stimmungen über die auditive Ebene zu erzählen.

    Gerade in Bezug auf VR-Content wird somit ein dreidimensionales Bild durch dreidimensionalen Ton ergänzt. Durch geschickt eingesetztes Storytelling kann somit eine Geschichte erzählt werden, die sowohl höchst realistisch als auch total “abgefahren” sein kann. Das wichtigste bei beidem ist – und da wären wir wieder – eine gelungene Immersion.

    Und diese kann durch geschicktes Storytelling + 3D-Audio sehr bereichernd eingesetzt werden. Wie genau da geht? Einfach unverbindlich bei mir anfragen.

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